3 Jahre Nüchternheit: Eine (Zwischen) Bilanz

Seit dem 4. November 2021, dem Tag, an dem ich mich nach 30 Jahren vom Alkohol getrennt habe, sind nun drei Jahre vergangen. Drei Jahre – das sind 36 Monate oder 156 Wochen und 4 Tage oder 1096 Tage. Bis vor kurzem habe ich die Anzahl der Tage, seit denen ich trocken bin, akribisch mitgezählt. Dazu führte ich ein eigenes Dokument, in dem ich die „geschafften“ Tage grün markierte und deren Anzahl dazu notierte.

Im Juni dieses Jahres habe ich mit dem Protokollieren aufgehört. Nicht etwa, weil ich keine Lust mehr dazu hatte, sondern weil mir klar wurde, dass Alkohol für mich keine Rolle mehr spielt. Er hatte endlich den Stellenwert in meinem Leben eingenommen, den er haben sollte: keinen!

Blicke ich heute zurück, denke ich vor allem an meinen Erfolg. Die Riesenleistung, die Sucht besiegt zu haben, erfüllt mich mit Stolz und Freude. Ich bin heute im wahrsten Sinne des Wortes ein neuer Mensch: ich bin klar im Kopf, kann Entscheidungen treffen und zu ihnen stehen, ich bin ruhiger/entspannter und weniger streitsüchtig oder aggressiv. Vor allem aber habe ich gelernt, mich selbst zu lieben. Der Satz „Ich bin, wie ich bin, und das ist okay!“ – ist zu meinem starken Credo geworden.

Dennoch darf die Freude über den Erfolg nicht darüber hinwegtäuschen, wie hart dieser erkämpft ist. Was heute so selbstverständlich erscheint, war ein steiniger Weg. Schöne Erfahrungen lassen die hässlichen allzu leicht verblassen und so muss ich erwähnen, wie hart die erste Phase des Aufhörens war (ich werde darüber noch schreiben). Vor dem 4. November 2021 hatte ich versucht, die Sucht durch kontrolliertes Trinken zu besiegen. Dieser Prozess dauerte vier Jahre – vier Jahre, bis ich erkannte, dass, wenn ich denn kontrolliert trinken könnte, ich wohl gar kein Alkoholproblem bekommen hätte.

Die Alkoholsucht zu überwinden ist unglaublich schwer, und jeder muss dabei seinen individuellen Weg finden. Ohne absolute innere Überzeugung – ohne commitment – bleibt der Kampf aussichtslos. Auch Zurufe von außen helfen nicht. Ich hatte das Glück, im November 2021 einen „klaren Moment“ zu erleben und meine (wahrscheinlich letzte) Chance zum Aufhören zu nutzen.

Was mir geholfen hat, waren die Erfahrungsberichte anderer: Ich habe alles verschlungen, was ich finden konnte – Bücher, Blogs und Podcasts und die Community in den sozialen Medien.

Daher hoffe ich, dass auch meine Geschichte und mein Blog vielleicht dem Einen oder der Anderen helfen können.


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Gazy
Gazy
1 Monat zuvor

Gratuliere 😃

Maja
Maja
1 Monat zuvor

Schöne Worte- Gratuliere dir ganz herzlich!

Julia
Julia
1 Monat zuvor

Wow starke Leistung! Und dein Humor ist dir geblieben, super!


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Ich würde mich sehr über einen Kommentar freuen!x